Heft 15, 1-2 (2022) von EJM erschienen
Band 1-2/2022 ist ein thematischer Sonderband zur Lage einiger Minderheiten in der Ukraine
In diesem Heft stellt Meinolf Arens die Lage der Rusynen (Die rusynische Nation im Donau-Karpatenraum. Wünsche und Wirklichkeiten) und Imre Szakál jene der Ungarn in Transkarpatien (Ungarn in der Ukraine: historische Dimensionen und aktuelle Herausforderungen) vor. Björn Opfer-Klinge zeichnet die Geschichte der Minderheiten in der historischen Landschaft des Budžak nach (Das Budžak - Geschichte einer multikulturellen und multiethnischen Grenzregion in der Ukraine). Gemeinsam ist allen drei Situationen, dass sich im Schatten multinationaler Imperien kleinräumig verflochtene multiethnische Landstriche herausgebildet haben, die seit ihrer Eingliederung in Nationalstaaten von diesen tendenziell eher als Bedrohung oder Belastung denn als möglicher Mehrwert empfunden und auch behandelt wurden. Die Folge der durch Deportation, Umsiedlung oder Auswanderung veränderten Bevölkerungsstruktur ist nicht nur eine kulturelle, sondern auch eine wirtschaftliche Verarmung der betreffenden Gebiete.
Dies ist auch das Fazit der beiden essayistischen Chronikbeiträge von Meinolf Arens (Grenzüberschreitende Kulturlandschaften im Donau-Karpatenraum 100 Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und den Friedensverträgen von St. Germain (1919) und Trianon (1920): eine Bilanz) und Hans Hedrich (Der Bär geht um in Rumänien. Eine Reise auf ungarischen Spuren durch Rumänien 101 Jahre nach Trianon), welche der Situation der Minderheiten in den Nachfolgestaaten der ungarischen Krone ein Jahrhundert nach den Pariser Vorortverträgen vor Ort erfahren (im doppelten Sinne des Wortes) haben. Ein eigenes, auf Mitte März aktualisiertes Vorwort von Meinolf Arens (dem wir für die enge und gute Zusammenarbeit bei der Realisierung dieses Faszikels danken möchten) führt in diese Beiträge ein, wobei nur die Hoffnung besteht, dass die Kriegsparteien bis zur Auslieferung dieses Heftes die Waffen niederlegen und an den Verhandlungstisch zurückkehren werden.
Das Themenspektrum dieses EJM-Heftes wird erweitert durch drei Beiträge, die sich zum einen mit Minderheitenthematiken mit Bezug auf die Europäische Union beschäftigen, zum anderen mit der immer wieder aufgeworfenen Frage, inwieweit Autonomiestatute mit der in mehreren Verfassungen eingeschriebenen Klausel der Unteilbarkeit eines Staates vereinbar sind. Attila Dabis geht auf letztere Frage am Beispiel Rumäniens ein (Effective Participation and Territorial Integrity: A Guide to Romanian Doctrinal Claims on Regional Power-sharing), wobei laut seiner Meinung auch die bestehende rumänische Verfassung eine Arbeitsteilung zwischen Zentrum und Peripherie (und um eine solche handelt es sich letztendlich bei einem Autonomiestatut) zulassen würde. In Rumänien wird diese Frage sehr kontrovers diskutiert und wurde bisher immer gegen die Wünsche insbesondere der ungarischen Minderheit interpretiert. Vesna Caminades geht auf die Möglichkeiten ein, die der Europäische Ausschuss der Regionen für die Minderheiten bietet, während Paul Videsott und Silena Gasser angesichts einer geplanten Novellierung des EU-Wahlrechts Überlegungen anstellen, wie in diesem einzigen supranationalen Parlament Europas die Vertretung der autochthonen nationalen Minderheiten, die immerhin knapp 7% der EU-Bevölkerung darstellen, gesteigert werden könnte.
Komplettiert wird das vorliegende EJM-Heft durch Rezensionen von drei minderheitenrelevanten Publikationen.